Diagram "Diagnostik" – Nachbau 2025 für NEOS. #hlsebastian

Die Big 6 der Prävention

Die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Verletzungsvorbeugung im professionellen Mannschaftssport

Präventive Diagnostik

Abbildung zum Sit and reach-Test
Der Sit-and-Reach-Test beurteilt die Beweglichkeit der hinteren Oberschenkel- und unteren Rückenmuskulatur.

Die Implementation von sogenannten Pre-Injury-Screenings bietet grundsätzlich zwei wesentliche Vorteile

  • Einerseits können hiermit individuelle Referenzwerte von Spielerinnen und Spielern im gesunden Zustand erhoben werden (Baseline), die im Falle einer Verletzung hilfreich für eine optimale Rückkehr in den Wettkampfbetrieb sind (siehe Return-to-Competition).
     
  • Andererseits können mit Hilfe der Screenings modifizierbare, intrinsische Risikofaktoren identifiziert werden. Dies betrifft insbesondere im athletischen Bereich unterentwickelte Kapazitäten in Bezug auf die Wettkampfanforderungen. Insgesamt zählen zu diesen Faktoren beispielsweise:

    1. Unerwünschte Dysbalancen und Asymmetrien
    2. Defizite in Mobilität, Stabilität und Koordination
    3. Mängel in den Bereichen Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit

Diese Erkenntnisse ermöglichen es, gezielte Trainingsinterventionen zu entwickeln, um die identifizierten Schwachstellen zu adressieren und das Verletzungsrisiko zu minimieren.

 

Präventives Training

Schematischer Ablauf des Aufwärmprogramms
Schematischer Ablauf des Aufwärmprogramms


Jegliche Form der Diagnostik ist nur dann hilfreich, wenn Maßnahmen daraus abgeleitet und umgesetzt werden. Die Auswahl von präventiven Trainingsmaßnahmen sollte dabei stets am Anforderungsprofil der Sportart und dem individuellen Risikoprofil der Sportler ausgerichtet sein. 

Einfache Übungen ohne großen materiellen oder personellen Aufwand lassen sich beispielsweise gut in ein strukturiertes Aufwärmprogramm integrieren. Modulare Aufwärmprogramme im Sinne eines Baukastensystems bieten die Möglichkeit, das Training variabel, individuell und attraktiv zu gestalten.

Belastungssteuerung

Belastungssteuerung im PMT
Mittels des Prevention-Management-Tool (PMT) können Sportvereine die Trainings- und Spielbelastung ihrer Athletinnen und Athleten individuell steuern.

Die systematische Steuerung und Periodisierung von Trainingsinterventionen ist unbestritten eines der wichtigsten Bausteine nicht nur, um sportlichen Erfolg zu sichern, sondern auch, um das Verletzungsrisiko zu minimieren und eine körperlich wie mentale gesunde Sportausübung zu gewährleisten. 

Dabei kommt einer hohen Spielerverfügbarkeit in Training und Wettkampf eine zentrale Rolle zu: denn nur gesunde, fitte und idealerweise frische Spieler können sich überhaupt im Training und Wettkampf weiterentwickeln. Stehen diese verletzungs- und/oder krankheitsbedingt nicht zur Verfügung, ist nicht nur ihr Entwicklungsprozess gehemmt, sondern auch die Wahrscheinlichkeit des sportlichen Erfolgs reduziert sich.

Regerationsmanagement

Messprotokoll zum Erholungszustand von Sportlerinnen und Sportlern
Mittels Fragen zur körperlichen Verfassung der Sportlerinnen und Sportler (z. B. KEB) kann der Erholungszustand ermittelt werden


Regeneration stellt den Gegenpol zu allen belastenden Einflüssen, wie beispielsweise Trainingseinheiten und Wettkämpfen, mentale Stressoren oder zusätzliche Belastungen in der Schule, im Beruf oder im Privatleben, dar. Nur bei einer optimalen Erholung der Athletinnen und Athleten, kann das volle Potenzial der Leistungsfähigkeit ausgeschöpft werden. 

Dementsprechend gilt es beim Regenerationsmanagement herauszufinden, wodurch und wie stark die Athletin beziehungsweise der Athlet beansprucht ist. Anschließend gilt es zu erörtern, welche zielführenden Maßnahmen ergriffen werden können, um die Regeneration positiv zu beeinflussen.
 

Return-to-Competition

Darstellung der Phasen im Rehabilitationsprozess
Darstellung der Phasen im Rehabilitationsprozess

Verletzungen stellen nicht nur ein einschneidendes Ereignis in der sportlichen Karriere eines Athleten beziehungsweise einer Athletin dar, sondern gelten studienübergreifend als größter Risikofaktor, eine erneute Verletzung zu erleiden. Rezidiv-Verletzungen sind in der Regel mit längeren Ausfallzeiten oder mit einem schlechteren medizinischen Outcome verbunden. Häufig gilt das erhöhte Risiko nicht nur für die bereits betroffene Körperregion, sondern insbesondere auch für die zuvor unverletzte Gegenseite oder weitere Körperregionen. 

Folglich ist es umso sinnvoller, der Prävention von Verletzungen große Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und sich darüber hinaus bereits im Vorfeld bestmöglich auf den Fall einer Verletzung vorzubereiten. Hierbei gilt es, für die gängigen Verletzungsschwerpunkte objektive Entscheidungskriterien zu formulieren, die im Rehabilitationsprozess und bei der finalen Entscheidung über eine Rückkehr in den Wettkampf herangezogen werden. 

Sie bieten eine wesentliche Grundlage zur – im Idealfall interdisziplinär im medizinisch-therapeutischen Betreuerteam und mit den betroffenen Spielerinnen und Spielern diskutierten – Entscheidungsfindung. Die Grundvoraussetzung für eine optimale Durchführung und Interpretation der Testung ist demnach eine gute Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren und Professionen im Verein.

Verletzungsmonitoring

Verletzungsmonitoring im PMT
Meldung von akuten Schmerzen durch Spielerin oder Spieler im Modul zur Verletzungsdokumentation des Prevention-Management-Tool (PMT)


Die Erfassung der Verletzungsschwerpunkte sowie der Verletzungsursachen, -hergänge und -mechanismen bildet die Grundlage einer systematischen Ableitung (weiterer) Präventionsmaßnahmen. Selbst die Orientierung an Kennzahlen aus vergleichbaren Populationen (beispielsweise aus wissenschaftlichen Populationen) lässt keine gesicherten Rückschlüsse auf das Unfallgeschehen in der eigenen Mannschaft zu. Einzig die systematische Erfassung und Auswertung der sich zugetragenen Verletzungen innerhalb des eigenen Teams bietet eine wertvolle Reflexionsgrundlage für die Arbeit des Trainer- und Betreuerstabs und ermöglicht eine belastbare Annäherung an die zugrundeliegenden Probleme und Verletzungsursachen. 

Gelingt es, diese zu identifizieren und wiederkehrende Verletzungsmuster zu beschreiben, können zielführende Gegenmaßnahmen abgeleitet werden. Durch eine kontinuierliche Fortführung des Verletzungsmonitoring kann die Wirksamkeit der ergriffenen Gegenmaßnahmen evaluiert werden, indem die Veränderung der Anzahl der nach dem jeweiligen Muster aufgetretenen Verletzungen überprüft wird.

Darüber hinaus ist das individuelle Verletzungsmonitoring für die Ableitung und den Einsatz spezifischer Diagnostikinstrumente entscheidend und liefert wertvolle Informationen. Im Nachgang ermöglicht es die Festlegung präziser präventiver Trainingsmaßnahmen, die auf die individuellen Bedürfnisse und Risikofaktoren zugeschnitten sind.