Arbeitsmedizinische Vorsorge und Eignungsbeurteilung
1. Allgemeines
Im täglichen Gebrauch werden arbeitsmedizinische Vorsorge und die Beurteilung der Eignung einer Person für bestimmte Tätigkeiten oft synonym verwendet. Rechtlich wird aber strikt zwischen Vorsorge und Eignungsbeurteilung unterschieden. Im Folgenden werden die Unterschiede und die Anwendung kurz und praxisgerecht dargestellt.
2. Arbeitsmedizinische Vorsorge
Die Arbeitsmedizinische Vorsorge dient der Früherkennung arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen und der Feststellung, ob ein erhöhtes gesundheitliches Risiko bei der Ausübung der Tätigkeit besteht. Zudem soll sie dazu beitragen, die Beschäftigungsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten.
Daher sind verschiedene Vorsorgeanlässe im Anhang der Arbeitsmedizinischen Vorsorge Verordnung (ArbMedVV) festgelegt. Bei der Durchführung steht die Aufklärung und Beratung der Versicherten zu der ausgeführten Tätigkeit und den sich daraus ergebenden Gefährdungen für ihre Gesundheit im Vordergrund. Falls körperliche oder klinische Untersuchungen dafür erforderlich sind, dürfen sie nur mit Zustimmung der Betroffenen durchgeführt werden.
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Pflichtvorsorge
Eine Pflichtvorsorge muss vor Aufnahme der Tätigkeit und danach in regelmäßigen Abständen veranlasst werden. Ohne eine Teilnahme der Beschäftigten an dieser Vorsorge ist die Ausübung der gefährdenden Tätigkeit ausgeschlossen. -
Angebotsvorsorge
Vor Aufnahme der Tätigkeit und danach in regelmäßigen Abständen, muss den Beschäftigten schriftlich eine Vorsorge angeboten werden. Eine Teilnahme ist nicht verpflichtend für die Ausübung der Tätigkeit. -
Wunschvorsorge
Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin muss den Beschäftigten eine regelmäßige Vorsorge ermöglichen, wenn diese gewünscht ist. Außer, es ist nicht mit einem arbeitsbedingten Gesundheitsschaden bei Ausübung der Tätigkeit zu rechnen.
Um zu unterscheiden, ob es sich um eine Pflicht- oder Angebotsvorsorge handelt, müssen die Einwirkungen am jeweiligen Arbeitsplatz bzw. der Tätigkeit genau bekannt sein.

Im Einzelfall unbedingt durch Betriebsarzt, Betriebsärztin oder Fachkraft für Arbeitssicherheit beraten lassen!
Beispiel Feuchtarbeit
- Bei über 4 Stunden täglicher Einwirkung Pflichtvorsorge
- Bei über 2 Stunden täglicher Einwirkung Angebotsvorsorge
- Bei nicht täglicher oder nur kurzer Einwirkung Wunschvorsorge
Das Zeitarbeitsunternehmen erhält nach einer arbeitsmedizinischen Vorsorge eine Teilnahmebescheinigung für den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin. Das Unternehmen hat die Pflicht, diese Angaben (Name, Datum, Anlass, nächster Termin) in eine Vorsorgekartei einzutragen. Bei Ausscheiden eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin muss ihm oder ihr ein Auszug mitgegeben werden. Das medizinische Ergebnis der Vorsorge unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht.
3. Eignungsbeurteilungen
Eignungsbeurteilungen sollen sicherstellen, dass Beschäftigte die physischen und psychischen Fähigkeiten für die Ausführung von bestimmten Tätigkeiten aufweisen. Im Vordergrund steht dabei die Verringerung der Gefährdung für die Beschäftigten und/oder Dritter. Sie können vor der Einstellung oder während des Beschäftigungsverhältnisses durchgeführt werden.
Soweit die Eignung nicht auf andere Weise (z.B. Befragung) festgestellt werden kann, werden für die Eignungsbeurteilung im Regelfall klinische oder apparative Untersuchungen durchgeführt. Hierfür muss das schriftliche Einverständnis der Beschäftigten vorliegen. Darin wird neben der Durchführung von Untersuchungen auch der Mitteilung des Ergebnisses der Beurteilung (nicht der Untersuchungen!) an das Zeitarbeitsunternehmen zugestimmt. Aufgrund des Ergebnisses entscheidet dann das Zeitarbeitsunternehmen, ob der/die Beschäftigte eingesetzt werden kann.
Eignungsbeurteilungen dürfen nur veranlasst werden
- wenn sie aufgrund spezieller Rechtsvorschriften gefordert werden oder
- bei besonderen Gefahren für Leib und Leben der Beschäftigten oder anderer Personen und wenn die Durchführung verhältnismäßig ist,
- wenn ein konkreter, personenbezogener Anlass besteht (zum Beispiel nach Erkrankung, die die Ausübung der Tätigkeit beeinträchtigt oder nach Unfallhäufung)
Unfallverhütungsvorschriften, in denen gefordert wird, dass Beschäftigte „geeignet“ sind, stellen keine speziellen Rechtsvorgaben für Eignungsbeurteilungen dar. Vielmehr muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für die jeweilige Tätigkeit (unter Berücksichtigung technischer und organisatorischer Maßnahmen) abgewogen werden, ob durch Untersuchungen das Gefahrenpotential verringert werden kann. Nur dann ist die Durchführung einer Eignungsbeurteilung gerechtfertigt.
Beispiele für Berufe mit Vorgaben aus speziellen Rechtsgrundlagen
- Berufskraftfahrer
- Triebfahrzeugführer
- Flugsicherungspersonal
Beispiele für Tätigkeiten mit besonderen Gefahren
- Tragen von schwerem Atemschutzgerät
- Steuern von Flurförderzeugen
- Arbeiten in großer Höhe mit Auffangeinrichtungen (PSAgA)
- Warnposten bei der Gleissicherung
Sollte ein Beschäftigter oder eine Beschäftigte der Durchführung einer Eignungsuntersuchung nicht zustimmen, liegt es in der Verantwortung des Zeitarbeitsunternehmens über den Einsatz zu entscheiden.