Zwei Bundesligisten wechseln nach Saison-Fehlstart ihren Coach
"Wir sahen uns gezwungen, eine Änderung vorzunehmen." "Wir wollten einen neuen Impuls setzen." So oder so ähnlich klingt es stets, wenn ein Verein mal wieder auf dem Trainerstuhl rotiert. Meist befindet sich der betreffende Club in einem Negativlauf, hat viele Spiele verloren oder zumindest nicht gewonnen. Acht Trainerwechsel gab es in der vergangenen Saison. In der aktuellen Spielzeit sind es nach dem zweiten Spieltag bereits zwei: Nachdem David Wagner auf Schalke bereits am Sonntag entlassen wurde, folge Achim Beierlorzer am Montag. Im Durchschnitt gab es seit Einführung der Bundesliga im Jahr 1963 pro Saison über 13 Trainerwechsel, in der zweiten Liga ist die Zahl noch einmal deutlich größer. Die Wahrscheinlichkeit ist also hoch, dass ihr früher oder später einmal in die Situation geratet. Vor allem gegen Ende der Saison, wenn auf der Zielgeraden die gewünschte Endplatzierung in Gefahr gerät, werden Vereine häufig noch einmal aktiv.
Fast alle Vereine, die die Reißleine ziehen und es mit einem neuen Trainer versuchen, sehen dies als letzte Möglichkeit, einen Impuls zu erzeugen. Sie wollen die Mannschaft aufrütteln, die bisherigen Abläufe verändern und im besten Fall auch etwas Hoffnung aufbauen. Das wohl berühmteste Beispiel dafür ist der Abstiegskampf in der Saison 1998/1999: Unter seinem neuen Trainer Jörg Berger gelangen Eintracht Frankfurt in den letzten sieben Partien der Saison vier Siege und zwei Unentschieden. Aufgrund eines besseren Torverhältnisses wurde so schließlich der Abstieg vermieden. Doch derartige Wunder gelingen relativ selten. In erster Linie geht es bei solchen Wechseln mehr darum, die Spieler emotional und psychologisch auf die nächsten Spiele einzustimmen. Meist wird dies verbunden mit einer Besinnung auf einfache taktische Konzepte, einer „Rückkehr zu den Basics“, wie es dann oft heißt. Eine komplette spieltaktische Neuausrichtung ist binnen weniger Tage eher schwierig. Eine Ausnahme bildete Borussia Mönchengladbach in der Saison 2010/2011: Retter-Trainer Lucien Favre wendete, als er das Team vom letzten Platz in die Relegation geführt und schließlich die Klasse gehalten hat, ein ganz anderes Konzept an. Er stellte damals zum Teil blutjunge Spieler wie Marco Reus, Roman Neustädter und Tony Jantschke auf und ließ offensiv spielen.
Dass ein Verein und ein neuer Trainer in einer so brenzligen Situation aber auf die Jugend setzen, ist allerdings selten der Fall. Ein neuer Trainer lässt im Abstiegskampf häufig alte Haudegen spielen, die mit so einer enormen Drucksituation Erfahrung haben. Auf den Nachwuchs zu setzen, ist ihm zu risikoreich. Zum Start einer neuen Saison oder auch in deren Anfangsphase ist ein neuer Trainer dann aber häufig sehr gut für den Nachwuchs. Dort wird den Junioren häufiger eine Chance eingeräumt, sich im Profikader zu beweisen. Wie dies beispielsweise Markus Gisdol beim 1. FC Köln in der vergangenen Saison tat. Seit seinem ersten Spiel setzte er auf Ismail Jacobs. Wenige Wochen später folge der damals erst 17-jährige Jan Thielmann. Auch er ist seitdem fester Bestandteil der Kölner Profis. Dies zeigt: Ein Neustart mit vielen jungen Spielern ist nicht mit so hohem Risiko behaftet, wie am Saisonende, wenn es darum geht, kurzfristig das Maximum zu erreichen.
Die Tendenz ist erkennbar: Wird in den Profiligen kurz vor Saisonende ein Coach entlassen, ist dies zunächst keine gute Nachricht für den Nachwuchs. Ein Neuanfang, wie ihn Schalke und Mainz jetzt wagen, könnte sich aber durchaus als Chance für junge Spieler entpuppen.
Quelle: Gokixx