Zum Abschluss der Reihe "Fakten zum Kreuzbandriss" haben wir mit Prof. Dr. Jan Mayer gesprochen. Der Sportpsychologe spricht im Interview über die psychologischen Folgen nach einem Kreuzbandriss, über die Angst vor einer erneuten Verletzung und was man konkret tun kann, um auch mental stärker zurückzukehren.
Gokixx: Prof. Dr. Mayer, nach einer schweren Verletzung wie einem Kreuzbandriss fallen viele Sportler in ein psychologisches Loch. Wie unterschiedlich kann sich dieser Zustand auf das Befinden der Sportler auswirken?
Prof. Dr. Mayer: Ein Kreuzbandriss ist für jeden Spieler psychologisch schwierig. Es hängt aber immer vom Typ ab, wie tief dieses "Loch" ausfällt. Manche Spieler sind eher ängstlich, andere sind Kämpfertypen und denken stets positiv. Es kann dabei von Vorteil sein, wenn jemand schon einmal nach einer Verletzung erfolgreich zurückgekehrt ist. Wer zum ersten Mal verletzt ist, hat vielleicht noch nicht so viel Vertrauen in seinen Körper. Außerdem spielt auch der Zeitpunkt der Verletzung eine Rolle: Zu Beginn einer Saison ist ein Kreuzbandriss psychisch schwerer zu verarbeiten als am letzten Spieltag.
Gokixx: Wie sollten Sportler mit Schmerzen während der Reha umgehen?
Prof. Dr. Mayer: Schmerzen sollten immer ernst genommen werden. Wer sich aber dauernd sein kaputtes Knie vorstellt, löst einen negativen Kreislaufeffekt aus. Das macht einen Spieler mental nur schwächer. Vielmehr ist es wichtig, sich den Heilungsprozess bewusst zu machen und positiv zu denken. Wir nennen das "Healing Imagery". Zum Beispiel könnte sich der Patient vorstellen, dass das neue Kreuzband eine positive, warme Farbe hat und sich optimal in das Knie integriert.
Gokixx: Was kann man konkret tun, um nach einer Sportverletzung stärker zurückzukommen?
Prof. Dr. Mayer: Gerade in Phasen der Reha haben Fußballer optimale Bedingungen und die Zeit für mentales Training. Der Kopf kann schließlich immer trainiert werden und gleichzeitig fallen die langen Erholungsphasen weg. Mein Tipp: Videomaterial von sich selbst anschauen und das eigene Spiel anschließend im Kopf mental durchgehen. Dabei versuchen, die Bewegungsabläufe im Kopf zu optimieren. Auch an Dingen wie der Taktik kann zusammen mit dem Trainerstab gefeilt werden. Nur wer in der Reha aktiv arbeitet, kann später stärker auf den Platz zurückkehren.
Gokixx: Wie geht man mit der Angst vor einer erneuten Verletzung um?
Prof. Dr. Mayer: Wer mit 50 Prozent in die Zweikämpfe geht, steigert die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Verletzung. Um unter Wettkampfbedingungen auf den Rasen zurückzukehren, müssen ehemalige Kreuzbandpatienten ihr Spiel wieder voll durchziehen können. Die mentale Vorbereitung auf den Wettkampf ist deshalb enorm wichtig. Die Spieler sollten sich wiederholt vorstellen, mit 100 Prozent in einen Zweikampf zu gehen und wie es ist, gefoult zu werden.
Quelle: Gokixx